Thursday, 27 August 2015

Tattoos - warum?

Statistiken sprechen Bände: rund 8 Millionen Deutsche haben Tattoos, mehr als 10% der Tattooträger und -trägerinnen haben mehr als 4 Tattoos und nur eine kleine Minderheit bereut die Entscheidung. Frauen sind mit 9,9% öfter tätowiert als Männer (8%), dafür haben Männer meist größere Tätowierungen als Frauen. Der größte Anteil an Tätowierten findet sich in der Altersgruppe 25-34 (Stand: 22.5.2014). Die Frage, die sich stellt ist also mittlerweile nicht mehr unbedingt, "ob?", sondern "warum?"

Ein gutes Beispiel, das viele Gedanken zum Thema zusammenfasst, findet man in diesem Interview, in dem Jacoby Shaddix (Frontmann der Gruppe Papa Roach) mit Beyond The Ink über seine Tattoos redet:

Zum einen erzählt er, dass er zuerst aufgepasst hat, dass man seine Tattoos nicht sehen kann, wenn er "richtige" Arbeit machen - also ein Hemd tragen - muss. Eine Sorge, die er in den Wind geschlagen hat, nachdem er merkte, er will eigentlich nichts anderes machen als Musik. In meinen Augen ist das tatsächlich ein Problem, das viele nicht direkt wahrnehmen, denn ich habe schon einige Leute mit tätowiertem Hals oder aber sogar Gesicht gesehen, die sich dann beschweren, dass sie keine Arbeit finden. Während Bizeps, Schulterblatt, Knöchel, etc. heutzutage schon recht akzeptiert sind, sind Tätowierungen an diesen Stellen noch immer verpöhnt und tragen ein Stigma von "Knastbruder" oder "Seemann" mit sich (bei Frauen Prostituierte). 

9 Stunden Arbeit und ein paar Hundert Euro später...

Aber warum denn jetzt? In Jacobys Fall kann man an seiner Begeisterung über seine Tattoos zu erzählen und auch allein an der Tatsache, dass er etwas über sie erzählen kann, erkennen, dass die Bilder nicht nur Bildchen sind, sondern eine Bedeutung tragen. Und ich selbst kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass die meisten meiner Tattoos eine Bedeutung tragen. Viele deuten auf Meilensteine - positive wie negative - in meinem Leben hin. Die Scheidung meiner Eltern, meine Verbundenheit zu Finnland, das Verlassen von Finnland... Auch bei Jacoby kann man das erkennen, im Namen seiner Frau, dem Symbol für seine Band, die Namen seiner Kinder... oder auch dem Placement auf dem Hals, das für ihn bedeutet, keine Bürojobs machen zu wollen oder zu müssen. Ein weiteres Beispiel ist Cara Delevigne, die z.B. auf ihrer Fußsohle zu stehen hat "Made in England", um ihre Herkunft zu symbolisieren etc. Tätowierungen bedeuten ihrem Träger fast immer etwas und auch Chris Evans sagte einmal, dass selbst wenn man sich mit dem Bild nicht mehr unbedingt identifizieren kann, so zeigen die Tattoos einem noch nach vielen Jahren in welchen geistigen "state of mind" man sich befunden hat, als man das Tattoo hat stechen lassen. Für mich ist das einer der Gründe, weswegen ich eigentlich keines meiner Tattoos bereue. Sie erinnern mich immer daran, was ich gedacht habe und womit ich gerungen habe, als ich sie habe machen lassen. Aus rein schmucktechnischen Gründen zahlt schließlich niemand hunderte von Euros und nimmt die Schmerzen und Unannehmlichkeiten auf sich, die Tattoos mit sich bringen. Oder vielleicht schon, ich habe ein Tattoo, das ich nur habe stechen lassen, weil ich an der Stelle etwas haben wollte. Das ist auch das einzige Tattoo, von dem ich ab und zu denke, dass ich das vielleicht lieber hätte sein lassen. 
Beeindruckend finde ich persönlich auch Tätowierungen von Krebsüberlebenden, insbesondere Brustkrebspatientinnen, denen die Brüste abgenommen werden mussten, die damit ihren Körper zurückerobern wollen. Die ihren Körper damit wieder ihren eigenen machen und ihre Narben verdecken oder betonen, abhängig von der Person.

Eines meiner wichtigsten Tattoos. 

Und warum nicht? Ein Tattoo ist dauerhaft. Fakt. Wenn es einem doch irgendwann nicht mehr gefällt, dann hat man ein Problem oder zumindest eine langwierige und schmerzhafte Laser-Prozedur vor sich. Deswegen sollte man sich länger überlegen, ob man wirklich ein Tattoo will, wo man es tragen möchte und dann auch das endgültige Motiv etwas sacken lassen, ehe man sich unter die Nadel legt. Das ist auch der Grund, weswegen man niemals - nein, tut es nicht - im betrunkenen oder bekifften Zustand zum Tätowierer gehen sollte. Außerdem spricht es definitiv gegen die Qualität des Tätowierers, wenn er das durchgehen lässt. 
Unter 16 sollte man definitiv keine Tattoos bekommen dürfen. Wäre das erlaubt, liefe ich jetzt mit denselben Tattoos durch die Gegend wie Brian von den Backstreet Boys. 
Ein anderer interessanter Grund gegen Tattoos wurde mir von einem Freund vorgeschlagen, der selbst nicht tätowiert ist, obwohl er Gitarre in einer Rockband spielt: "Tattoos sind mittlerweile so mainstream, dass man gerade in der Musikszene mehr heraussticht und eher was Besonderes ist, wenn man keine hat" Womit er Recht hat. 
Und der letzte Grund, von einem anderen Bekannten: "Ich würde ja gern, aber meine Freundin würde mich verlassen, wenn ich mich tätowieren ließe" Es mag nicht der beste Grund sein, aber so wichtig ist ein Tattoo nicht, dass man eine funktionierende Partnerschaft darüber riskiert. Betonung auf das Wort "funktionierend", wenn ihr euch nicht mal ein Leberwurstbrot schmieren dürft, ohne um Erlaubnis zu fragen, wäre ein Tattoo vielleicht ganz gut, um unter dem Pantoffel hervorzukriechen. Ansonsten kann man das Tattoo ja auch noch nach dem Ende der Beziehung stechen lassen. Da bekommt es dann auch gleich eine weitere Bedeutungsdimension. 


http://beyondtheinkmag.com/jacoby-papa-roach-tattoo-itw-video/
Coby Interview

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